Joscha Falck, Susanne Alles, Regina Schulz und Manuel Flick entwickelten gemeinsam mit ein Kompetenzmodell nach Niveaustufen.

Die KI-Kompetenzen der Niveaustufe I in diesem Modell zeigen, dass bereits in der Grundschule grundlegende Konzepte von Künstlicher Intelligenz vermittelt werden sollen. Begriffe wie „Algorithmus“, „Daten“ oder „Bias“ sind hier bereits verankert, ebenso das Anwenden und Reflektieren von KI-gestützten Tools. Doch diese Kompetenzen lassen sich nicht einfach in den bestehenden Lehrplan integrieren, ohne dass die basalen Kompetenzen der Grundschule neu gedacht werden.
Warum eine Neudefinition der basalen Kompetenzen notwendig ist
1. Lesen, Schreiben, Rechnen – aber neu gedacht:
Traditionell gelten Lesen, Schreiben und Rechnen als die Grundpfeiler der Grundbildung. Doch in einer digitalen Welt sind auch digitale Lese- und Schreibfähigkeiten notwendig. Ein Kind, das Texte lesen kann, aber nicht zwischen menschlich geschriebenen und KI-generierten Inhalten unterscheiden kann, hat eine Lücke in seiner Literalität. Digitale Lesekompetenz umfasst daher nicht nur das Verstehen von Wörtern, sondern auch die Fähigkeit, Medieninhalte kritisch zu analysieren, Falschinformationen zu erkennen und Quellen zu bewerten.
2. Medienbildung als vierte Kulturtechnik:
Das Modell zeigt, dass Schüler:innen bereits in der Grundschule KI-Tools bedienen und reflektieren sollen. Doch wenn Medienbildung erst als Zusatz oder in Projekten behandelt wird, fehlt die systematische Verankerung. Stattdessen muss sie als grundlegende Kompetenz neben Lesen, Schreiben und Rechnen etabliert werden – mit einem Fokus auf die aktive Nutzung, kritische Reflexion und kreative Gestaltung digitaler Technologien.
3. Logisches Denken und Problemlösen als Fundament:
Die Nutzung von KI-Tools setzt voraus, dass Kinder Zusammenhänge erkennen, Abläufe strukturieren und logische Muster verstehen können. Das bedeutet, dass Computational Thinking nicht erst in der weiterführenden Schule, sondern schon in der Grundschule als grundlegende Denkweise gefördert werden muss. Dies kann spielerisch über algorithmisches Denken, einfache Programmierübungen oder das Erstellen von Handlungsanweisungen für Maschinen erfolgen.
4. Kollaboration und kreative Problemlösung statt reiner Wissensvermittlung:
KI verändert nicht nur, was wir lernen, sondern auch wie wir lernen. Statt reiner Wissensvermittlung müssen Grundschüler:innen früh lernen, mit digitalen Tools kreativ zu arbeiten, mit anderen zu kollaborieren und eigene Lösungswege zu entwickeln. Dies erfordert eine Veränderung der Unterrichtskultur: Weg von der reinen Wissensreproduktion, hin zu offenem, forschendem und problemlösendem Lernen.

By Napkin ai
Wenn die Niveaustufe I des KI-Kompetenzmodells bereits Operatoren wie „benennen“, „beschreiben“ und „beachten“enthält, zeigt das deutlich, dass von Grundschulkindern nicht nur ein oberflächliches Kennenlernen von KI erwartet wird, sondern eine aktive Auseinandersetzung mit Konzepten und deren Reflexion.
Warum auch die Operatoren eine Neudefinition der Grundschulkompetenzen erfordern
Operatoren sind ein wesentlicher Bestandteil von Kompetenzmodellen und Lehrplänen, da sie kognitive Anforderungen an Lernende formulieren. Wenn bereits in der Grundschule das Beschreiben von KI-Technologien und das Beachten von Datenschutzaspekten gefordert wird, bedeutet das, dass die sprachlichen und inhaltlichen Grundlagen dafür auch vorhanden sein müssen.
1. Sprachliche Kompetenzen müssen an die digitale Welt angepasst werden:
Das Beschreiben von KI-Anwendungen setzt voraus, dass Kinder Begriffe wie Algorithmus, Daten oder Bias nicht nur hören, sondern aktiv in ihrem Wortschatz verankern und in eigenen Worten wiedergeben können. Das heißt:
– Wortschatzarbeit muss digitale Begriffe von Anfang an integrieren.
– Sprachförderung muss sich nicht nur auf literarische oder narrative Texte, sondern auch auf technische und funktionale Sprache erstrecken.
– Sachtexte über Technologie müssen fester Bestandteil des Lesetrainings sein.
2. Kritisches Denken als Grundkompetenz statt Zusatzförderung:
Wenn Grundschüler:innen bereits Falschinformationen und Verzerrungen schildern sollen, dann muss das kritische Denken als Basiskompetenz aufgebaut werden – nicht erst in den späteren Schuljahren. Das bedeutet:
– Frühzeitige Schulung im Erkennen von Quellen und Informationen (z. B. einfache Fact-Checking-Übungen).
– Vergleichende Analyse von Inhalten („Was sind die Unterschiede zwischen einer echten und einer KI-generierten Geschichte?“).
– Diskussionen über digitale Ethik von Anfang an („Warum ist es wichtig, dass wir keine Fake News verbreiten?“).
3. Neujustierung der Kompetenzbereiche der Grundschule:
Die traditionellen Kompetenzbereiche der Grundschule – Lesen, Schreiben, Rechnen, Sachkunde – sind nicht mehr ausreichend, wenn Schüler:innen frühzeitig KI-Kompetenzen entwickeln sollen. Stattdessen müssen folgende Anpassungen stattfinden:
– Sachunterricht muss verstärkt digitale Medienkompetenz integrieren.
– Schreiben muss mehr als nur Handschrift und Texte verfassen bedeuten – digitale Textproduktion mit KI-Tools gehört dazu.
– Rechnen muss stärker logisches Denken und algorithmische Grundstrukturen einbinden (z. B. mit einfachen Programmiervorgängen).

Napkin ai
Unsere Analyse zeigt, dass das ursprünglich entwickelte KI-Kompetenzmodell mit Niveaustufe 1 für Grundschüler:innen nicht erreichbar ist, da es bereits Fähigkeiten wie Beschreiben, Analysieren und Reflektieren von KI-Systemen voraussetzt. Doch diese Kompetenzen basieren auf Grundfertigkeiten wie kritischem Lesen, logischem Denken und Medienverständnis, die in der bisherigen Grundschulpraxis nicht systematisch für das digitale Zeitalter weiterentwickelt wurden.
Daher stellt sich die zentrale Frage: Wie müssen die Basiskompetenzen in der Grundschule neu definiert werden, damit Schüler:innen überhaupt auf Niveaustufe 1 des KI-Kompetenzmodells vorbereitet werden können?
Die Antwort liegt in einer Neuausrichtung der Grundbildung:
- Lesen, Schreiben und Rechnen müssen für die digitale Welt angepasst werden, indem digitale Lese- und Schreibfähigkeiten, algorithmisches Denken und Datenbewusstsein bereits früh vermittelt werden.
- KI-Kompetenzen müssen schrittweise aufgebaut werden, indem Kinder spielerisch digitale Werkzeuge erkunden, erste Erfahrungen mit KI-gestützten Tools sammeln und diese reflektieren.
- Medienkritik und ethisches Denken müssen von Anfang an integriert werden, damit Kinder lernen, zwischen realen und KI-generierten Inhalten zu unterscheiden, Datenschutz zu verstehen und verantwortungsvoll mit KI-Technologien umzugehen.
Auf Basis dieser Überlegungen haben wir ein angepasstes Kompetenzmodell für die Grundschule entwickelt, das Schüler:innen altersgerecht an die Niveaustufe 1 des KI-Kompetenzmodells heranführt. Dieses Modell zeigt detailliert, welche Basiskompetenzen in den ersten Schuljahren erworben werden müssen und wie KI-Bildung in der Grundschule strukturiert werden kann, damit Kinder schrittweise Verstehen, Anwenden, Reflektieren und Mitgestalten lernen.
Im nächsten Abschnitt gehen wir detailliert darauf ein, welche Basiskompetenzen erforderlich sind und wie sie aufgebaut werden müssen, um die KI-Kompetenzen aus Niveaustufe 1 tatsächlich zu erreichen.
Grundvoraussetzungen: Was Kinder vorher können müssen
(Diese Fähigkeiten müssen vor Schuleintritt bzw. in den ersten Schuljahren entwickelt werden, um die Basiskompetenzen zu ermöglichen.)

Basiskompetenzen für digitales Lernen (Klassen 1-4)
(Diese Kompetenzen müssen entwickelt werden, bevor Schüler:innen in der Grundschule sinnvoll mit KI umgehen können.)

Neue Ordnung der Niveaustufe 1 für die Grundschule
(angepasst nach Klassenstufen 1/2 und 3/4, mit realistischen Zielen, die Schüler:innen tatsächlich erreichen können)

Die Einführung von KI-Kompetenzen in der Grundschule erfordert eine grundlegende Neudefinition der Basiskompetenzen. Das ursprüngliche KI-Kompetenzmodell nach Falck, Alles und Flick setzt kognitive, sprachliche und technologische Fähigkeiten vorus, die in de aktuellen Grundschulpraxis nicht systematisch entwickelt werden. Damit Grundschüler:innen realistisch auf Niveaustufe 1 vorbereitet werden, müssen Lesen, Schreiben und Rechnen für die digitale Welt angepasst werden.
Digitale Lese- und Schreibfähigkeiten, algorithmisches Denken und Datenbewusstsein sollten von Anfang an integraler Bestandteil des Unterrichts sein. Medienbildung muss als vierte Kulturtechnik verankert werden, damit Kinder früh lernen, KI-gestützte Tools zu nutzen und kritisch reflektieren. Gleichzeitig erfordert die Entwicklung von KI-Kompetenzen eine schrittweise Heranführung durch spielerische Erkundung, erste Anwendungserfahrungen und gezielte Reflexion über Chancen und Risiken digitaler Technologien.
Ein angepasstes Kompetenzmodell für die Grundschule sollte klar definieren, welche Basiskompetenzen in den ersten Schuljahren erworben werden müssen, um KI-Bildung sinnvoll zu integrieren. Die Neustrukturierung der Niveaustufe 1 nach Klassenstufen ermöglicht realistische und altersgerechte Lernziele, die den kognitiven und entwicklungspsychologischen Fähigkeiten von Grundschüler:innen entsprechen.
Damit diese Veränderungen nachhaltig umgesetzt werden, müssen Fachkonferenzen nun aktiv daran arbeiten, die neuen Anforderungen in die schulischen Curricula zu integrieren. Dies bedeutet eine gezielte Anpassung der Lehrpläne, um KI-Kompetenzen strukturiert und fächerübergreifend in den Unterricht zu implementieren. Nur durch eine systematische und frühzeitige Verankerung digitaler und KI-relevanter Kompetenzen kann die Grundschule Kinder auf eine zunehmend KI-geprägte Zukunft vorbereiten.
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